Zunächst möchte ich die Frage stellen, was Pre-Sales (oder PreSales oder Pre Sales) eigentlich ist?

Und da haben wir schon das erste Problem, eine eindeutige Beschreibung, womöglich ein Profil oder ein Berufsbild gibt es dafür gar nicht. Schauen wir aber mal, was Wikipedia dazu schreibt::

Pre-Sales (von lateinisch prae = „vor“ und englisch sales = „Vertrieb“, „Verkauf“) ist ein Begriff, der im Vertrieb von Unternehmen gebräuchlich ist und Tätigkeiten und Aufgaben, die vor der eigentlichen Verkaufsphase auftreten, beschreibt. Eine genaue Definition gestaltet sich schwierig, da sich in der einschlägigen Literatur bisher noch keine stichhaltige Definition etabliert hat.

Insbesondere die Abgrenzung zur Verkaufsphase ist schwierig. Häufig sind Fragen von Kunden technisch basiert und treten gerade im Produktvertrieb wiederholt in der gleichen Form auf. Andererseits kann dieser Bereich im Vertrieb von beratungsintensiven Dienstleistungen stärker und komplexer ausgebildet sein. Pre-Sales kann somit jede Form von produkt- oder dienstleistungsbezogenen Fragen bearbeiten. Dabei werden Themen wie Produkteigenschaften, technische Unterstützung, Preisfindung und Lizenzierung behandelt.

Typische Pre-Sales Tätigkeiten umfassen unter anderem:

  • Produktpräsentationen und Kundenberatung
  • Workshops
  • Messeauftritte
  • Klärung technischer Fragen, zum Beispiel zur Machbarkeit
  • Erstellung von Mitbewerberanalysen
  • Erstellung von Systemdesigns und -Konzepten
  • Erstellung von Kalkulationen und Kunden-Angeboten
  • Unterstützung in der Erstellung von Sales-Strategien
  • Unterstützung von Produktmanagement bei Produktinnovationen

…“

(vgl. wikipedia.de, Stand Dez. 2014)

 

Und was ist PreSales jetzt?

So ganz wissen es die Unternehmen, die Pre-Sales aufgebaut haben, selbst nicht. Die Personen, die Pre-Sales auf Ihrer Visitenkarten stehen haben wissen es gelegentlich auch nicht.

Der klassische ‚Presaler’ ist, ähnlich den Softwareentwickler, oft ein Nerd, der sich nur selten von seinem Freund den Computer trennen kann, es sei denn er wird vom Vertriebler mit den folgenden Worten gezwungen: „Kannst du nicht mal mitkommen zum Kunden? Du kennst unser Produkt doch, zeig denen das mal!“

Genau da liegt das Dilemma! Es sind in der Regel Software-Consultants oder Entwickler, die einfach mal als Demoboy (Danke an Stephan Heinrich für diesen Begriff) mitgenommen werden und das Produkt vorstellen sollen.

Scotty, wir haben einen Termin!

Kennen Sie das? Der Kunde droht mit einem Auftrag!

Das einzige was zum Abschluss des Vertrags fehlt, ist eine Präsentation der Software. Echt? Wow! Das ist ja einfach…

Deshalb kommt der Vertriebsbeauftragte (Sales oder VB) zu Ihnen, dem Pre-Sales, Consultant, oder Entwickler und möchte, dass sie gemeinsam einen Termin bei einem Kunden machen. Ihr Produkt soll dem interessierten Kunden in Spe im Detail erklärt werden. Da Sie mit dem VB schon häufiger einen Termin hatten, ist die Absprache einfach:

„Hallo Karl, morgen um 11:00 Uhr haben wir einen Termin bei ‚08/15-Systems GmbH‘. Wir treffen uns vor Ort um 10:50 Uhr, dann zeigst du denen mal, was wir alles mit unserem Produkt können.“

Die Aussage ist konkret, jeder weiß vom anderen was er zu erwarten hat, und den Interessenten kriegen wir schon eingefangen…

Schon fahren Sie mit ihrem Rechner und ihrer Standard-Demo zum Kunden. Die neueste Version der Software ist installiert. Gut, Sie hatten noch keine Zeit alles wieder auszutesten aber das wird schon gehen… ging ja sonst auch immer und so lange Sie am Rechner sitzen, kann ja nix passieren.

Der VB begrüßt die Anwesenden. Der IT-Leiter ist auch für eine halbe Stunde dabei, der soll unbedingt den rot-grün-karierten Knopf in Ihrer Software sehen…

„Schönen guten Morgen zusammen, ich freue mich das wir heute bei Ihnen sein dürfen und Ihnen unser Produkt vorstellen können. Sicher finden wir zusammen ein paar interessante Anwendungsmöglichkeiten. Damit wir keine Zeit verlieren, wird mein Kollege Karl Ihnen nun die Software im Detail LIVE vorstellen. So sehen Sie, dass die Software auch funktioniert. Hahahaha … Ich übergebe an meinen Kollegen! Bitte schön!“

Jetzt merken Sie, dass ihr Rechner nicht sauber hoch gelaufen ist, weil er wieder mal nach Netzwerken sucht.

„Sorry, ich brauch noch einen kleinen Moment.“

Die Zeit wird mit Smalltalk totgeschlagen. Die eine oder andere Tasse Kaffee wird nachgefüllt, die Kekse werden rumgereicht.

Als der Rechner wieder gestartet ist, bekommen Sie kein Bild auf den Beamer übertragen, weil dieser vom Rechner nicht erkannt wurde. Reboot … und die Zeit verstreicht. Es herrscht eine bedrohliche Stille. Der VB versucht die Situation zu retten und erzählt einen Witz … angestrengtes Lachen im Raum.

Hey, wir haben eine Bild auf der Leinwand. Zwar nicht in der optimalen Auflösung aber das geht schon. Sie sollen ja endlich was zeigen. Wie ist der Zugang zum Internet? Oh … Internet gibt es für Fremdrechner nicht? Ups … Das wäre aber wichtig.

Ein Teilnehmer kann schnell noch einen WLAN-Code organisieren. Es kann losgehen.

Error 404, Sie bekommen langsam dunkle Flecken unter den Armen. Domain checken … ok … Da fehlte noch ein Passwort.

Jetzt aber … „Komisch … so langsam war das noch nie!“ entweicht es Ihrem Munde.

Bei jedem Funktionsaufruf ist eine Wartezeit von ca. 10 s einzuplanen. Das müssen Sie jetzt überbrücken.

„Solange wie der Rechner die Funktion noch aufruft, können wir Ihnen noch etwas über die Softwarearchitektur erzählen…”

Die Funktion startet … aber mit einem Error … Ohhh … die Funktion war doch mit der letzten Version noch problemlos zu zeigen … „Moment, ich muss mal kurz den Sourcecode checken!“ und schon öffnen Sie einen Texteditor um ein Semikolon zu ergänzen und die Datei neu zu kompilieren.

Der IT-Leiter muss sich verabschieden …

Als Sie dann die Funktionen halbwegs gezeigt haben, die Sie sonst bei einer Demo zeigen, fragt der Kunde nach den unrealistischen Werten, die in den Masken erscheinen. Ist doch klar, dass Sie nur ein Demomodell auf dem Laptop haben und da sind natürlich auch nur Demodaten drin. Die sind nicht überprüft. Auch fehlen natürlich noch etliche Angaben, die kundenspezifisch im Projekt ergänzt werden müssen …

So oder so ähnlich haben wir alle schon eine Demo gesehen und ich denk Sie haben an der einen oder anderen Stelle genickt und geschmunzelt.

Sie müssen weg vom Standard-Einerlei, hin zu einer gezielten, nutzenorientierten Verkaufsveranstaltung für den jeweiligen Kunden. Nur dann können Sie effektiv sein. Egal ob mit oder ohne Live – Demo.

Spezifische Vorbereitung, nutzenorientiertes Denken, Absprache und Teamwork sind für Sales und Pre-Sales die wichtigsten Aufgaben, um Termine professionell und erfolgreich zu absolvieren.

Auf den nächsten Seiten schreibe ich aus meinen Erfahrungen, was alles zum IT-Pre-Sales gehört. Ich werde Aufgaben genauer beschreiben, ich werde Techniken erläutern und wie Sie den Nutzen für Ihren Kunden durch den Einsatz der Software klar herausstellen können.

Intensiv werde ich auf die Softskills eingehen, die ein Pre-Sales mitbringen oder sich aneignen sollte. Dazu gehört neben einer sehr guten Kommunikationsfähigkeit auch der Wunsch, etwas weiter zu geben oder zu unterhalten wollen.. Aber auch das Zuhören und das schnelle Denken in Lösungen gehören dazu.

Ich gebe Ihnen konkrete Tipps geben, wie Sie Ihre Arbeit besser und leichter bewältigen und nachhaltig bei Ihren Kunden in Erinnerung bleiben. Ich liefere Ihnen nicht DIE EINE oder IHRE SPEZIELLE Lösung für Ihre Kunden. Ich zeige Ihnen Techniken und gebe Tipps und Tricks weiter, wie sie ihre Lösung für ein spezielles Problem des Kunden entwickeln und wie sie sich verkaufen können, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

Verwandeln Sie dadurch jeden Präsentationstermin in einen Auftrag?

Klare Antwort: Nein! Aber Sie kommen viel häufiger als früher auf die Shortlist des Einkaufs und Sie können die Abschlussquote stetig steigern. Sicherlich liegt das nicht nur an einer geänderten Demo. Aber es ist ein Baustein, der aus meiner Sicht deutlich unterschätzt wird. Je mehr Sie auf den Nutzen eingehen und je besser Sie die Probleme der Kunden verstehen, desto leichter können Sie den Deal für sich entscheiden.

Ich frage mich nur, warum das so selten geschieht?

Sind es die falschen Vortragenden, sind es schlechte Ausbildungen oder mangelndes Wissen und Verständnis? Das glaube ich nicht. Ich glaube es fehlt den Pre-Sales an einer guten Anleitung für die Produktvorstellung. Zum Thema Pre-Sales gibt es kaum Literatur, geschweige in Deutsch.

Aus dem Grund habe ich mich selbst hingesetzt und ein Buch über den IT-Pre-Sales verfasst. Dabei schreibe ich hauptsächlich aus meinen 20 Jahren Erfahrung als IT-Pre-Sales, Vertriebler und Trainer.

Viele Ideen habe ich zusammen getragen und diese irgendwann auch schon mal ausprobiert. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass die eine oder andere Idee von Ihnen, liebe Leser, umgesetzt wird.

Dieses Buch richtet sich gleichermaßen an Pre-Sales Consultant, die bereits seit langen Jahren Pre-Sales ausüben wie auch an Einsteiger in diesem Metier.

Alle Aufgaben des Pre-Sales ausführlich zu beschreiben würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Den Schwerpunkt lege ich auf die Produktpräsentation beim Kunden im ersten Pre-Sales Termin. Besonders herausstellen werde ich das Umdenken von ‚Feature & Function Demos‘ zur Nutzendarstellung und wie sie vielleicht auch ohne live Demo einen ersten Termin beim Kunden erfolgreich gestalten können.

Lassen Sie sich überraschen, welche Möglichkeiten Sie haben, Ihre Kunden positiv zu beeinflussen und wie Sie als Pre-Sales zu einer Dreh- und Angelfunktion im Vertriebsprozess werden. Seien Sie nicht länger der Demoboy, gestalten Sie den Vertriebsprozess aktiv mit. Werden Sie zum Scotty Ihrer Firma! Legen Sie gleich los! Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse über den Job des IT-Pre-Sales.